Im Banne des Assassinen: Toskana und Venedig, Ezio-Style!

Ich bin ein großer Fan von Videospielen und insbesondere von Assassin’s Creed II. Warum? Ganz einfach: Erstens ist die Story rund um den Helden Ezio Auditore da Firenze mitreißend und spannend, zweitens ist das Spiel dank der tollen Grafik  Sightseeing pur. Denn der gute Ezio reist quer durch Italien: von Florenz über Montereggioni, San Gimignano und Forlí bis Venedig und, ganz am Ende, nach Rom. Das, beschließe ich, werden auch meine Ziele für meine erste Solo-Tour durch Italien. Für den Anfang habe ich mich allerdings auf die Toskana und Vendig beschränkt.

Beginnen wir also.

Akt Eins: Florenz
Ezio stammt aus reichem Hause, sein Vater ist Bankier, und wer, wie ich, mit dem Werk des kanadischen Autors Guy Gavriel Kay vertraut ist und „A Song for Arbonne“ kennt, der weiß, dass man als verwöhnter Bankierssohn in der Renaissance offenbar dazu prädestiniert dazu war, zum Assassinen zu werden. Obwohl, ich gebe es zu, zwischen Ezio und dem besagten Bankiersohn aus „A Song for Arbonne“ besteht dann doch ein großer Unterschied: Für Rudel Correze ist es Zeitvertreib, für Ezio bitterer Ernst.

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Die wunderschöne Ponte Vecchio.

Florenz also, und nicht etwa Florenz zu irgendeiner Zeit, sondern Ende des 15. Jahrhunderts, ist der Ort des Geschehens.  Meine eigenen Erinnerungen an diese Stadt liegen schon weit zurück (nicht soo weit, natürlich!). Ich kann mich an die grünen Hügel ringsum erinnern, an den Innenhof von San Lorenzo mit seinen Orangenbäumen, an die David-Statue und daran, dass mir die Stadt schon als Kind gefallen hat. Witzigerweise war es Assassin’s Creed II, das mir Lust darauf gemacht hat, die Stadt erneut zu besuchen. Denn natürlich tauchen sämtliche Sehenswürdigkeiten, zumindest jene, die zu der Zeit schon erbaut waren, in dem Spiel auf.

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Von oben hat man die beste Aussicht. Auf die Stadt und auf die Ziele des hier noch jugendlichen Assassinen in Florenz.

Ezio, der Held des Spieles, bewegt sich gerne im Parkour-Stil über die Dächer der Stadt. Ich selber nehme den Bus von meinem Hotel im nahegelegenen Impruneta und starte meinen Rundgang an der Porta Romana im Oltrarno-Viertel. Von hier aus geht es in Richtung Arno, vorbei am Palazzo Pitti und den Boboli-Gärten. Assassin’s Creed II beginnt seine Tour durch die Stadt mit einer saftigen Prügelei auf der Ponte Vecchio, also überquere ich diese mit einem kleinen, wissenden Lächeln auf den Lippen und in Erinnerung an meine erste Lektion in Sachen Spiele-Steuerung. Denn klar musste ich erst einmal lernen, wie man dem Gegner einen Tritt oder eine  Kopfnuss verpasst. Was insofern schwer war, als dass ich die gane Zeit über eine Pause einlegen und einfach nur das abendliche Florenz betrachten wollte.

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Später im Spiel bin ich dann doch noch einmal zurück gekehrt: Ponte Vecchio in Assassin’s Creed II.

Dazu habe ich ja jetzt Gelegenheit. Von der Ponte Vecchio geht es an den Uffizien vorbei in Richtung  Santa Croce, Schauplatz von Ezio’s erstem Sühnemord an dem Mann, der seinen Vater und seine Brüder verraten und zum Tode verurteilt hat. Interessanterweise geschieht dieses Attentat während einer Ausstellung des berühmten Bildhauers Andrea del Verrocchio. Ich muss sagen, ich liebe die Detailverliebtheit dieses Spiels. Sightseeing und Kultur in einem! Herrlich!

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Die Piazza della Signoria in Assassin’s Creed II.

Im Hier und Heute belasse ich es bei einem Blick auf die Fassade und begebe mich zur Piazza della Signoria. Das Gebäude ist genauso beeindruckend, wie ich es in meiner Erinnerung hatte, die Piazza allerdings deutlich kleiner. An diesem Tag wird gerade eine Bühne für ein Festival oder eine andere Veranstaltung aufgebaut. Im Rohzustand könnte es sich auch um ein Schafott handeln.

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Die Signoria ist, wie man sieht, im wahren Leben deutlich beeindruckender. Rechts sieht man noch ein wenig von der Loggia dei Lanzi.

Die berühmte Loggia dei Lanzi, deren Kopie in München am Odeonsplatz steht, ebenso wie die Nachbildung des Palazzo Pitti aka die Residenz an selbigem Ort, gefällt mir ausnehmend gut.

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Ezio Auditore vor der Loggia dei Lanzi in Assassin’s Creed II. Kenner wissen anhand des Bartwuchses, dass sich diese Szene im letzten Drittel des Spiels zugetragen hat.

Trotzdem bekomme ich die Bilder nicht aus dem Kopf, in denen ich, aus jugendlichen Leichtsinn, als Ezio bis auf die Spitze des Turmes der Signoria klettere und mich von dort hinunterstürze, um mit flauen Magen in einem Heuwagen zu landen. Überhaupt stelle ich fest, dass das Sightseeing in Assassin’s Creed II ja vornehmlich von den Dächern aus erfolgt, was im Spiel einige sehr spannende Perspektiven erlaubt, in der Realität dafür ein paar neue.

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Der Dom sieht nicht nur von außen toll aus, sondern auch von innen!

 

Der wunderschöne, leuchtend-weiße Duomo von Florenz ist Schauplatz einiger Schlüsselszenen aus dem Spiel. Zum einen ist da ein versuchter Mordanschlag auf Lorenzo de Medici, den unser Held verhindern muss, zum anderen eine Klettersequenz im Inneren des Doms, der im Spiel deutlich weniger opulent ausgestattet und kleiner ist als in Echt. Anstehen lohnt sich also. Definitiv!

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Sightseeing á la Ezio: der Dom im Spiel.

Nach dem Dom suche ich San Lorenzo auf und freue mich, dass die Orangenbäume im Innenhof immer noch stehen. Auf dem Rückweg zur Bushaltestelle folge ich, ganz aus der Assassinen-Rolle fallend, dem Tipp aus meinem Reiseführer und mache einen Abstecher zum Campo Santo Spirito im Oltrarno-Viertel. Statt einen Spritz auf einer der kleinen Terassen zu trinken, setzte ich mich an diesem lauen Abend lieber zu dem Jungvolk auf die Treppen vor der Kirche und beobachte von dort aus das Treiben auf dem Platz.

Campo Santo Spirito

Chillen am Campo Santo Spirito.

Zwischenspiel: Siena
Zwar ist Siena kein direkter Schauplatz aus Assassin’s Creed II, aber ich wollte meine Toskana-Reise auch dazu nutzen, meine Kenntnisse rund um die Sehenswürdigkeiten auch über das Spiel hinaus zu erweitern. Es gibt in Siena unendlich viele Monumente und Museen, allerdings bevorzuge ich es, eine Stadt beim Spazierengehen auf mich wirken zu lassen. Also habe ich die Museen ausgelassen.

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Die abendliche Skyline von Siena.

Allein die Fahrt von Impruneta durch die grünen Hügel und Weinberge gen Süden ist unbeschreiblich schön und der erste Eindruck der Skyline von Siena, wenn ich das so nennen darf, beeindruckend. Im Gegensatz zur Florentiner Altstadt geht es in der Stadt bergauf und bergab, im Falle der Kathedrale, die sich einem Meisterwerk der Zuckerbäckerkunst gleich auf ihrem Hügel ausbreitet, bergauf.

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Zuckersüßer Anblick: Die Kathedrale von Siena.

Auf dem Werg dorthin kann ich allerdings noch einige weitere, sehr schöne Eindrücke gewinnen. Siena ist ja allseits bekannt für den Palio, ein Pferderennen rund um die Piazza del Campo, der wirklich zu den schönsten Plätzen Italiens zählt, die ich kenne. Und ich kenne einige.

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Piazza del Campo in Siena.

Auch der Innenhof der Signoria direkt an der Piazza ist einen Abstecher wert, ebenso der der Musikakademie. Ich denke, nach Siena fahre ich noch ein zweites Mal. Irgendwann.

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„Big brother is watching you“ in Siena.

Akt Zwei: Monteriggioni und San Gimignano
Zurück zu Assassin’s Creed II und Ezio Auditore. Nach dem Mord in Florenz ist Ezio gezwungen, zusammen mit seiner Mutter und Schwester die Stadt zu verlassen. Sie finden Zuflucht in dem befestigten Städtchen Monteriggioni, bei einem Recken namens Mario, seinem Onkel. Monteriggioni ist, im Vergleich zu den anderen Städten, winzig. Allerdings verfügt der Ort über eine vollständig erhaltene Stadtmauer mit insgesamt 14 Wehrtürmen, was in der fantastischen, grafischen Aufarbeitung des Ortes in der Welt von Assassin’s Creed II sehr schön zur Geltung gebracht wird.

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Nein, so sieht Monteriggioni in echt nicht

aus!

Von Monteriggioni aus  geht es weiter nach San Gimignano, wo Ezios Feinde Zuflucht gefunden haben. Was, die Reisezeit betreffend, im Spiel zwei Minuten dauert, wird für mich zur Geduldsprobe. Denn der Weg nach San Gimignano führt über sehr viele grüne Hügel, so viele, dass ich mich irgendwann frage, ob ich jemals mein Ziel erreichen werde. Der Anblick der mittelalterlichen Skyline entschädigte mich schließlich dafür. Es ist schon atemberaubend, wenn diese Stadt auf ihrem Hügel so plötzlich in der Ferne auftaucht!
Die Türme, für die die Stadt, neben ihrem Wein, berühmt ist, spielen natürlich auch in Assassin’s Creed II eine große Rolle und, rückblickend betrachtet, ist das Städtchen in dem Spiel etwa genauso überlaufen wie heute. Was sich in der Welt der Videospiele allerdings NPC (Non-Player-Charakter) nennt, steht in der Realität allgemeinhin für „Tourist“. Als solcher wandere ich neugierig durch die vom Nieselregen nassen Gässchen und staune angesichts der noch immer gut erhaltenen Geschlechtertürme.

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Ein paar wenige der erhaltenen Geschlechtertürme von San Gimignano.

Wie erwähnt, bereist Ezio San Gimignano und Umgebung hauptsächlich, um nacheinander die Verschwörer zu eliminieren, die seinen Vater und seine Brüder auf dem Gewissen haben und Lorenzo de Medici zu schaden suchen. Ich allerdings habe mir im Spiel durchaus immer wieder einmal die Zeit genommen, einfach über die grünen Hügel zu reiten und die Landschaft auf mich wirken zu lassen. Leider fehlen an diesem Tag zum Assassinen-Glück sowohl das Pferd als auch die Sonne. Dennoch: Nach San Gimignano kehre ich definitiv noch einmal zurück. Mindestens einmal.

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Einladung zum Klettern: San Gimignano im Spiel.

Akt Drei: Venedig
Nachdem Ezio also den Verschwörern in der Toskana erfolgreich den Garaus gemacht hat und von Lorenzo de Medici zum Ehrenbürger von Florenz ernannt wurde, führt ihn die Suche nach den Hintermännern ins ferne Venedig. Um sich dorthin einzuschiffen muss er aber zunächst einmal Forlí erreichen und dazu den Appenin überqueren. Und das, meine Herren, dauert im Spiel un-end-lich lange! Leider auch, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Ich lasse Forlí auf dieser Reise allerdings aus und begebe mich direkt in die Lagunenstadt. An Venedig habe ich noch weniger Erinnerungen als an Florenz, aber im Spiel ist die prachtvolle Stadt so überirdisch schön, dass ich schon sehr gespannt darauf bin, ob die Realität wird mithalten können. Und ja, natürlich, sie kann!

Seufzerbrücke
Im Gegensatz zu Rialto gab es die Seufzerbrücke im 15. Jahrhundert noch nicht, sie taucht also im Spiel in Venedig nicht auf.

Ezios Spaziergang durch Venedig beginnt an der Rialtobrücke, die im 15. Jahrhundert allerdings weit weniger überfüllt ist, als heute. Ich selber nehme an der Piazzale Roma ein Vaporetto und schippere gemütlich den Canal Grande hinunter. Rechts und links sind wunderschöne Palazzi und Kirchen zu bewundern und ich genieße die Fahrt sehr. Denn zwar ist Ezio auch im Spiel dazu in der Lage, eine Gondel zu entern und durch die Kanäle zu staken. Allerdings ist es deutlich schneller, die tatsächlich  labyrinthartigen Gässchen und Brücken zu benutzen, oder aber, ganz im Assassinen-Stil, die Dächer.

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Außergewöhnliche Perspektive auf die Basilica di San Marco vom gegenüberliegenden Dach aus. Das geht nur in Assassin’s Creed II.

Venedig ist, neben Florenz, der zweite Hauptschauplatz der Geschichte von Assassin’s Creed II und dementsprechend ausgearbeitet sind die Missionen, die Ezio durch sämtliche Viertel der Stadt führen. Eine dieser Missionen ist das Verhindern eines Attentates auf den Dogen, und zwar in dessen Palast. Das misslingt, ein anderer Doge, dieser ist natürlich Teil der Verschwörung, kommt an die Macht und Ezio ist gezwungen seine Mörderklinge zu zücken, um wieder für Ordnung zu sorgen.  Beide Männer gab es wirklich und wer als Assassinen-Kenner durch den Palast schreitet und sich die Porträts aller Dogen ansieht, wird sie auch entdecken. Im Übrigen ist die beschriebene Mission die einzige Möglichkeit, im Spiel den Innenhof des Palastes zu besuchen. Denn trotz Ezios hervorragender Kletterkünste ist dieses Bauwerk „off limits“. Was für mich noch ein Grund mehr war, den Dogenpalast höchst ausgiebig zu erkunden und mich ein wenig mehr mit der Geschichte der Stadt auseinander zu setzen.

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Imposante Ansicht: Der Innenhof des Dogenpalastes in Venedig.

Im Spiel lädt Venedig, mehr noch als Florenz und San Gimignano, dazu ein, die vielen Bauwerke zu erklimmen und aus luftiger Höhe die Aussicht zu genießen. Im Hier und Heute gibt es drei Plätze, die ich zum chilligen Verweilen empfehlen kann: die Uferstraße des Dorsoduro, Zattere, wo man, weit entfernt von den Touristenmassen, in der Sonne sitzen und lesen oder Musik hören kann, die Stufen der Kirche Santa Maria della Salute, gegenüber dem Markusplatz, die es zu der Zeit, in der Assassin’s Creed II spielt, noch nicht gab, und der Campo San Polo im gleichnamigen Viertel.

Natürlich endet Ezios Reise nicht in Venedig, aber das ist eine andere Geschichte…

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Die letzte Mission in Assassin’s Creed II führt Ezio nach Rom, genauer gesagt, in den Vatikan. Aber das ist eine andere (Reise)Geschichte.

Mehr zu Assassin’s Creed II:
Assassin’s Creed II, Ubisoft, PC,  PS3, XBox
Oliver Bowden, Assassin’s Creed: Renaissance, Panini-Verlag

Mein Spiele-Blog: whatchaa.com

Mein Hotel in Impruneta: Bellavista

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